Freitag, 11. März 2016

Auf den Spuren der Romanfiguren

Drei Romane haben mich bisher während meiner Reise begleitet und meine Route mit beeinflusst. Der erste "Nirgendwo sonst" spielte an den Orten, die eigentlich jeder Tourist besucht: Yangon, Inle Lake und Bagan und gibt einen kleinen Einblick in die politische Situation kurz vor der Öffnung des Landes. Der zweite Roman "Herzenhören" lockt mich in das, als beschaulich beschriebene Bergdorf Kalaw. Dieses entpuppt sich als 150.000 Einwohner zählende Stadt, wenn auch durchaus mit etwas dörflichem Charakter. Aber immerhin ist der Ort Ausgangspunkt für viele Wanderungen und die Hotelmanagerin, der ich das ausgelesene Buch überlasse, ist hocherfreut und schenkt mir im Gegenzug ein Rollbild von Aung San Suu Kyi, der politischen Hoffnungsträgerin des Landes.
Das dritte Buch ist besonders interessant, da autobiografisch. Unter dem Titel "Dämmerung über Birma" beschreibt die gebürtige Österreicherin Inge Sargent ihr Leben als Frau eines Shan Prinzen in den 50ern. Das moderne Cinderella Märchen endet mit dem Militärputsch 1962, als der Prinz gefangengenommen und vermutlich umgebracht wird. Sie flieht zwei Jahre später mit den Kindern nach Österreich und lebt heute, 83jährig in den USA. Die Geschichte ist hochinteressant und hilft mir viel besser die Differenzen der verschiedenen Volksgruppen im Land zu verstehen, als jede noch so detailliert ausgeführte Erklärung im Reiseführer. Keine Frage, den noch existierenden Palast in Hsipaw will ich auf jeden Fall sehen. Da trifft es sich gut, dass der Ort in den etwas kühleren Bergen liegt und dorthin die "interessanteste" Bahnstrecke des Landes führt, bei der auch der 111 m hohe und 800 m lange Gokteik Viadukt überquert wird, bei seiner Fertigstellung 1900 der zweitgrößte der Welt! Für die knapp 200 km benötigt der Zug 13 Stunden und fährt in Mandaley morgens um 4 Uhr los. Ich ziehe es vor erst in Pyin Oo Lwin zuzusteigen. Die Stadt in den Bergen diente ehmals den britischen Kolonialbeamten zu Sommerfrische und beherbergt heute die Militärakademie des Landes. Hier gönne ich mir Naturerlebnisse im botanischen Garten und beim Wasserfall, der den schweißtreibenden Ab- und Aufstieg mit der Möglichkeit eines Bades im herrlichen türkisfarbenen kalten Bergwasser ausgleicht.
Hier fährt der Zug erst um 8.30 Uhr los - tatsächlich dann erst um 9.30 Uhr- und es gibt sogar Sitzplätze! In manchen Zügen im Land gibt es eine upper class mit geplolsterten Sitzen, in diesem jedoch nicht. Der Zug zuckelt gemächlich über die Schienen, an manchen Stellen fühle ich mich wie ein Wackelpudding und zweimal neigt sich der Waggon, als würde er gleich von den Schienen kippen. Über den Viadukt geht es dann im Schneckentempo, aus Sicherheitsgründen oder um genug Gelegenheit zum fotografieren zu geben.....?
Um 16 Uhr erreiche ich verschwitzt mein Ziel und mache mich nach erfolgreicher Zimmersuche gleich auf zum Shan Palast. Das Gebäude ist ein etwas heruntergekommenes Herrenhaus im Kolonialstil inmitten eines großzügigen Gartens mit verfallenem Tennisplatz und den Uberresten eines Schwimmbades. Es fällt mir nicht schwer, mir das Leben des Prinzenpaares hier vorzustellen. Das Wohnzimmer ist für Besucher offen und mit zahlreichen Fotos ausgestaltet und die Ehefrau des Neffen des verschwundenen Prinzen, die inzwischen hier lebt, erzählt bereitwillig die abenteuerliche Geschichte. Am nächsten Tag komme ich nochmal wieder und lese im Garten des ehemals herrschaftlichen Anwesens die letzten Seiten......

Eine echte Oase in dem ansonsten sehr trockenen Land
Extra im Longyi für den Besuch des Shan Palastes
Der Gokteik Viadukt- ein Erlebnis der besonderen Art
Der botanische Garten, eine Mischung aus Urwald, Tierpark und Buga

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